GEGEN GEWALTBEREITEN SALAFISMUS
INFORMIEREN. HELFEN. GEGENSTEUERN.

Umgang mit dem Risiko

Grafik eines Polizeiwagendaches mit eingeschaltetem Blaulicht

Umgang mit dem Risiko

Der Umgang mit den Rückkehrenden stellt die Behörden vor große Herausforderungen. Es handelt sich um zumeist kampferfahrene Personen, die sich bewusst dem „IS“ angeschlossen haben. Die Sicherheitsbehörden sind daher gefordert, mögliche Gefährder unter den Rückkehrenden ausfindig zu machen.

Die Rückkehrenden aus den „IS“-Gebieten stellen möglicherweise eine Gefahr dar. Schließlich haben sie sich mit ihrer Ausreise bewusst entschieden, den „IS“ aktiv zu unterstützen. Viele von ihnen haben Kampferfahrungen und eine militärische Ausbildung.

Hinzu kommt, dass Erfahrungen mit Gewalt und das Leben unter den extremen Umständen der „IS“-Herrschaft psychische Spuren hinterlassen. Einige Rückkehrende sind desillusioniert, viele traumatisiert, einige vertreten weiterhin die „IS“-Ideologie.

Eine besondere Rolle spielen die Kinder der Rückkehrenden. Sie müssen in erster Linie als Opfer betrachtet werden, betonen Fachleute. Doch auch bei Kindern kann ein Sicherheitsrisiko nicht ausgeschlossen werden. Es gilt als wahrscheinlich, dass viele von ihnen Traumata erlitten haben.  Ein weiterer Risikofaktor sei, dass Kinder unter der Herrschaft des „IS“ bereits ab einem frühen Alter indoktriniert und teilweise sogar im Umgang mit Waffen geschult wurden.  Zudem kann es sein, dass Kinder in weiterhin stark ideologisierten Familien aufwachsen. Es besteht die Sorge, dass bei ihnen eine Deradikalisierung noch schwieriger werden könnte als bei der Elterngeneration.

Monitoring und Begleitung Wie die Behörden mit Rückkehrenden umgehen

Die Behörden beobachten Ausgereiste, die wahrscheinlich zurückkehren werden, und begleiten engmaschig die Zurückgekehrten. Ziel der Behörden ist eine Deradikalisierung und Stabilisierung der Rückkehrenden sowie ihre gesellschaftliche Reintegration.

Dabei ist es zunächst Aufgabe der Polizei, zu prüfen, ob Gefahr besteht – ob zum Beispiel die Rückkehrenden weiterhin bereit sind, im Namen ihrer Ideologie Gewalt auszuüben. Außerdem wird geprüft, ob wegen möglicher Straftaten ermittelt werden soll. Wenn strafrechtliche Fragen nicht oder nicht mehr im Mittelpunkt stehen, kann es zum Beispiel darum gehen, eine Eingliederung in das Sozialsystem zu organisieren oder eine Unterkunft zu finden. Kinder werden in die Kita oder Schule eingegliedert, gegebenenfalls müssen sie psychologisch betreut werden.

Dabei kann eine Vielzahl von Akteuren beteiligt sein – Einrichtungen des Bundes, zivilgesellschaftliche Akteure oder die Kommunen. So sind zum Beispiel die örtlichen Jugendämter gefragt, wenn es um die Kinder von Rückkehrenden geht.

Als Bindeglied zwischen den Beteiligten fungiert in Nordrhein-Westfalen die Rückkehrkoordination (RKK), die frühzeitig in die Fälle eingebunden wird. Sie prüft die Möglichkeit von Deradikalisierungsmaßnahmen und kann bei Bedarf eine Verbindung zum landeseigenen staatlichen Aussteigerprogramm Islamismus (API)  herstellen. Außerdem unterstützt die Rückkehrkoordination Angehörige und vermittelt diese oder gegebenenfalls auch örtliche Behörden zur Beratung an eine regionale Beratungsstelle wie die von „Wegweiser - Gemeinsam gegen Islamismus“.

„Gefährder“ So arbeiten die Sicherheitsbehörden

Die Risikobewertung ist die Grundlage dafür, zu entscheiden, welche Maßnahmen der Reintegration in Betracht gezogen werden sollen.  Eine zentrale Rolle dabei spielen das Bundesamt und die Landesämter für Verfassungsschutz sowie die Polizei beziehungsweise das Bundeskriminalamt und die Landeskriminalämter.   

Die Sicherheitsbehörden setzen spezielle Methoden ein, um einzuschätzen, wie wahrscheinlich es ist, dass Rückkehrende gewalttätig oder erneut für eine extremistisch-islamistische Gruppe aktiv werden.  Ein Tool zur Risikobewertung ist RADAR-iTE.  Die Behörden versuchen, schon vor der Rückkehr möglichst viele Informationen über die entsprechenden Personen zu sammeln und individuelle Risikobewertungen vorzunehmen.

Auf Grundlage einer Risikoeinschätzung werden Personen durch die Polizei als sogenannte „Gefährder“ und „Relevante Personen“ eingestuft.  Je nach Einstufung können die Sicherheitsbehörden Personen beobachten und zum Beispiel Wohnungen oder Telefone überwachen.

Für das Risikomanagement sind Austausch und Zusammenarbeit von entscheidender Bedeutung. So arbeiten die Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern im Rahmen des gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrums (GTAZ) zusammen.  In Nordrhein-Westfalen gibt es im Bereich Islamismus die Interministerielle Arbeitsgruppe (IMAG) „Salafismusprävention“.

Ehemaliges „IS“-Gebiet Wer ist verantwortlich für die Gefangenen?

In der Diskussion über Rückehrende geht es oft auch um Personen, die noch nicht wieder in Deutschland sind.  Das Bundeskriminalamt hat Kenntnis von 97 erwachsenen Personen, die aus Deutschland ausgereist und nun in Syrien und im Irak inhaftiert sind. Hinzu kommen mindestens 111 Kinder (Stand Februar 2022).

Das sorgt für kontroverse Diskussionen. Menschenrechtsorganisationen weisen darauf hin, dass die Bedingungen in den Lagern vor Ort sehr schlecht sind.  Eine Reihe von Politikerinnen und Politikern sowie Angehörige der Festgehaltenen fordern seit Jahren deren Rückholung.

Dagegen führt die Bundesregierung eine Reihe von Problemen an. Unter anderem fehlen Ansprechpersonen. Es gibt keine diplomatische Vertretung der Bundesrepublik in Syrien und ein Teil der Gefangenen befindet sich in kurdischen Gebieten, deren Selbstverwaltung international nicht anerkannt wird.

Dennoch hat die Bundesregierung seit 2019 mehrere Rückholungen organisiert. Bisher kamen auf diese Weise zwölf Frauen und 42 Minderjährige zurück nach Deutschland (Stand Februar 2022).