GEGEN GEWALTBEREITEN SALAFISMUS
INFORMIEREN. HELFEN. GEGENSTEUERN.

Medienkompetenzförderung als digitale Präventionsstrategie

Grafik von zwei Personen, die nachdenklich und einander zugewandt vor einem Monitor sitzen

Demokratie digital lernen

Prävention gegen Radikalisierung im Internet bedeutet vor allem die Stärkung von Medienkompetenz: Welche Fähigkeiten und Kenntnisse benötigen insbesondere Jugendliche, um Falschbehauptungen und Propaganda von radikalen Gruppen zu erkennen?

Zentral für die Prävention im digitalen Raum und die generelle Stärkung der Gesellschaft gegenüber der Verbreitung radikaler Ideologien ist kritische Medienkompetenz. Denn Medienbildung kann zur Stärkung einer Widerstandsfähigkeit oder „Resilienz“ gegenüber extremistischen Inhalten beitragen. Hierbei geht es unter anderem darum zu lernen, wie seriöse Quellen identifiziert und Fake News, Verschwörungsmythen und extremistische Inhalte erkannt werden können. Letztendlich soll so die eigenständige Urteilsbildung gefördert werden.

Medienkompetenz bedeutet nicht nur die technische Fähigkeit, Medien bedienen und anwenden zu können. Sie umfasst zum Beispiel auch die Fähigkeit, seriöse Informationen sicher recherchieren zu können oder die Algorithmenlogiken der sozialen Medien zu verstehen und kritisch zu hinterfragen. In einer digitalisierten Gesellschaft sind solche Fähigkeiten notwendig, um Demokratie aktiv mitzugestalten. Man kann daher auch von einer „digitalen Demokratiekompetenz“ sprechen (mehr dazu auf der Website der Landeszentrale für politische Bildung NRW). Um der Verbreitung radikaler Ideologien im Netz entgegenzuwirken, ist die Förderung solcher digitalen Kompetenzen, vor allem aber auch einer demokratischen Haltung im Netz, unerlässlich.

Weitere Informationen zum Thema Medienkompetenz erhalten Sie auf der Website des Medienkompetenzrahmens NRW, beim DigitalCheck NRW und bei der Landeszentrale für politische Bildung NRW.

Informationskompetenz Den Überblick behalten

Gerüchte, Verschwörungserzählungen und extremistische Propaganda: Die Informationsfreiheit, die uns das Internet bringt, ermöglicht vielen Akteuren ein leichtes Spiel bei der Verbreitung ihrer Weltsicht. Umso wichtiger sind die Fähigkeiten, Quellen gezielt und sinnvoll auszuwählen, sowie darin enthaltene Informationen kritisch zu bewerten und zu nutzen. Bürgerinnen und Bürger sollen dazu befähigt werden, seriöse Quellen zu identifizieren, Verschwörungsmythen als solche zu erkennen und somit Fakten und Fake News zu trennen.

Dabei ist es nicht immer einfach, sogenannte „Fake News“ – absichtlich verbreitete Falschmeldungen – oder extremistische Propaganda als solche zu erkennen. Gerade wenn solche Inhalte in Gruppen zu scheinbar harmlosen Themen geteilt werden, kann der Eindruck entstehen, dass es sich um unproblematische Inhalte handelt. Gleiches gilt, wenn Nutzende mit einer großen Zahl von solchen Inhalten konfrontiert werden, z.B. in Messenger-Diensten wie Telegram. Denn die ständige Wiederholung erweckt zum einen den Eindruck von Objektivität, zum anderen trägt sie auch zu einer fortgesetzten Bestätigung des Weltbilds bei. Verstärkt werden solche Effekte durch Algorithmen und dadurch entstehende „Filterblasen“ (mehr dazu auf der Website der Landeszentrale für politische Bildung NRW). Wie können wir also solche problematischen Inhalte identifizieren? Wie prüfen wir, ob eine Information vertrauenswürdig ist?

Mithilfe von einfachen Prüfkriterien können wir die Glaubwürdigkeit von Inhalten besser einschätzen

Wichtige Prüfkriterien sind zum Beispiel die Urheberschaft, aber auch die Materialien selbst. Ein erster Schritt zur Einordnung von Quellen kann die Frage sein: Wer verbreitet eigentlich eine Nachricht? Mit einer kurzen Recherche zu Kampagnen wie #nichtohnemeinkopftuch lässt sich bereits herausfinden, dass die dahinterstehende Initiative „Generation Islam“ dem islamistischen Spektrum zuzuordnen ist. Das Beispiel veranschaulicht aber auch, wie schwierig es sein kann, solche Inhalte auf den ersten Blick als extremistisch zu erkennen: im Fall von #nichtohnemeinkopftuch beteiligten sich viele Userinnen und User, ohne dass ihnen der Bezug klar war – darunter auch bekannte Persönlichkeiten, u.a. aus der deutschsprachigen Hip-Hop-Szene, aber auch aus der Politik.

Ein zweiter möglicher Schritt kann in einigen Fällen die Überprüfung von Bildinhalten sein. Falschmeldungen und extremistische Propaganda nutzen oftmals Bilder, die aus einem ganz anderen Zusammenhang stammen. Wenn Extremistinnen und Extremisten z.B. Bilder von vermeintlicher Gewalt gegen Musliminnen und Muslime teilen, um ihre Opfernarrative zu bedienen, dann setzen sie auch falsche Quellen ein: So wurden beispielsweise schon Opfer eines Erdbebens als Opfer von antimuslimischer Gewalt inszeniert (Quelle: Salafismus Online (PDF, 9 MB), S. 44). Bei der Überprüfung einer Bildquelle helfen umgekehrte Bildersuchen: Mit ihnen lässt sich durch die URL von Bildern oder deren Hochladen herausfinden, aus welchem Kontext ein Bild ursprünglich stammt.

Weitere Informationen dazu, wie wir Informationen im Internet auf ihre Vertrauenswürdigkeit prüfen können, erhalten Sie auf der Website der Landeszentrale für politische Bildung NRW.

Kommunikationskompetenz Fair miteinander diskutieren

Demokratie lebt von demokratischer Beteiligung und vom Austausch von Meinungen. In unserer heutigen Zeit finden solche Diskussionen verstärkt im Netz und in den sozialen Medien statt. Gegenüber einem analogen Meinungsaustausch hat sich die dortige Diskussions- und Gesprächskultur verändert. In manchen Fällen verleitet die mögliche Anonymität des Internets dazu, das Recht auf freie Meinungsäußerung zu missbrauchen. Das äußert sich zum Beispiel in persönlichen Angriffen in Form von Hate Speech oder gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit wie antimuslimischem Rassismus. Viele Userinnen und User verfassen ihre Kommentare unter Nutzernamen, die keinen Rückschluss auf ihre Identität zulassen. Dies kann bei manchen dazu führen, dass sie wesentlich extremere Äußerungen tätigen, als sie es unter ihrem richtigen Namen tun würden. Klar ist: Die Meinungsfreiheit endet, wo die Rechte anderer gemäß Strafgesetzbuch verletzt werden. So fallen z.B. rassistische Beschimpfungen unter den Straftatbestand der Beleidigung, der Drohung oder sogar der Volksverhetzung. Auch extremistische Netzwerke und einzelne Extremistinnen und Extremisten nutzen die Anonymität des Netzes zur Verbreitung ihrer Ideologie aus, insbesondere zur Verbreitung von Fake News und der Herabsetzung Andersgesinnter.

Regeln für einen fairen Meinungsaustausch gelten auch im Netz

Medienkompetenz bzw. digitale Demokratiekompetenz muss hier ein Bewusstsein dafür schaffen, dass demokratische Werte wie Toleranz und Gleichberechtigung auch für digitale Diskussionen gelten und versuchen, eine offene Gesprächskultur zu etablieren. Auch im Netz sollten Menschen Argumente höflich und fair austauschen, sich einander zuhören und versuchen, die Perspektive von Andersdenkenden nachzuvollziehen. Wenn Hassreden verbreitet werden, ist digitale Zivilcourage gefragt, um durch eine klare Haltung Grenzen aufzuzeigen.

Analysekompetenz Eigenes Medienverhalten reflektieren

Da bei der Verbreitung extremistischer Propaganda die sozialen Netzwerke und die zugrundeliegenden Algorithmen eine wichtige Rolle spielen, ist es wichtig, diese Mechanismen zu verstehen und das eigene Medienverhalten reflektieren zu können.

Menschen sollten ein Bewusstsein dafür entwickeln, dass ihnen die sozialen Medien oder Suchmaschinen wie Google immer nur eine individuell gefilterte Auswahl an Inhalten zur Verfügung stellen. Dadurch entsteht nicht unbedingt nur eine Filterblase oder „Bubble“: Wenn Kanäle unterschiedlich genutzt werden, können sich Nutzende auch in unterschiedlichen Filterblasen bewegen. In jedem Fall sollen durch Algorithmen den Nutzenden für sie möglichst relevante Informationen zur Verfügung gestellt werden – so soll sich letztendlich die Nutzungsdauer der Kanäle verlängern. Die Algorithmen analysieren dafür, welche Inhalte wir am liebsten konsumieren, und filtern auf dieser Basis zukünftige Suchergebnisse. Mit Beiträgen, die der eigenen Meinung widersprechen, wird man so nur noch selten konfrontiert. Deswegen ist eine reflektierte Mediennutzung wichtig. Dazu gehören auch das Ausbrechen aus Filterblasen, indem bewusst andere Informationsquellen aufgesucht werden, und die Auseinandersetzung mit anderen Meinungen (mehr dazu  bei der luxemburgischen Zentrale für politische Bildung). Nur so kann einer gesellschaftlichen Polarisierung entgegengewirkt werden.